Scharfe Debatten um Impfpflicht für Pflegepersonal
Impfpflicht für Pflegepersonal – welche Auswirkungen sind zu erwarten?
Die Impfpflicht für Beschäftigte in Einrichtungen des Pflegebereichs ist da. Die Anordnung, die am 16. März 2022 in Kraft treten soll, hat eine scharfe gesellschaftliche Debatte ausgelöst, die längst nicht nur unter Pflegekräften geführt wird. Kein Wunder, denn aktuell ist in Deutschland auch eine allgemeine Impfpflicht im Gespräch.
Dass es Impfstoffe gegen das tückische Corona-Virus gibt und an weiteren Vakzinen geforscht wird, ist selbstverständlich ein überaus positiver Aspekt und zu begrüßen. Zudem macht es natürlich Sinn, dass das Personal in Pflege und Medizin gegen das hartnäckige Virus geimpft ist – ganz klar!
Das Agieren der Politik in Sachen Impfpflicht ist fragwürdig
Dennoch ist das Agieren der Politik, so wie es sich aktuell in Sachen Impfpflicht und Coronavirus gestaltet, fragwürdig. In den letzten Wochen wurden im Zusammenhang mit dem Impf- oder Genesenen-Status der Bürger kontinuierlich Anordnungen erlassen, die nicht selten für Verwirrung im Hinblick auf Umsetzung und Zuständigkeiten sorgten. Im letzten Dezember wurde dann hastig die Impfpflicht für Menschen, die im pflegerischen Bereich arbeiten, erlassen.
Diese Entscheidung wirkt nicht durchdacht, denn sie wird eine Kündigungswelle großen Ausmaßes nach sich ziehen, die den ohnehin schon bestehenden Pflegenotstand auf jeden Fall verschärft.
Selbst wenn es nur wenige Prozent der Fachkräfte sind, die ungeimpft bleiben wollen und der Pflegebranche sodann den Rücken kehren, fehlen mit einem Schlag zehntausende Personen, die alte und kranke Menschen nicht mehr versorgen werden. Es ist illusorisch zu glauben, dass dieses Personal einfach mal eben ersetzt werden kann. Das geht nicht.
Bedenken im Hinblick auf die Impfpflicht sollten ernst genommen werden
Insofern ist die Impfpflicht für die besagte Berufsgruppe überaus kritisch zu sehen. Es wirkt zudem irritierend, dass es in Deutschland bislang bei anderen Entscheidungen über Eingriffe am eigenen Körper überhaupt gar keine Diskussion darüber oder gar Zweifel gab, dass das eine ganz persönliche Angelegenheit ist. Stichwort: Abtreibung.
Nun aber trifft die Impfpflicht Menschen, die ihren Beruf nicht nur mit Leidenschaft und Herz ausüben, sondern mit ihrem Einsatz auch ein von der Politik kaputt gespartes Gesundheitssystem am Laufen halten. Sie haben – so wie Millionen andere Bürger auch – lediglich Bedenken hinsichtlich etwaiger Spätfolgen, die die Impfung mit sich bringen könnte.
Solche Überlegungen und auch Ängste sind normal und völlig legitim. Die Politik sollte sie ernst nehmen, verliert sich aber in einem mehr als fragwürdigen Kommunikations-Management im Zusammenhang mit der Impfung.
Kein Wunder, dass der Unmut unter dem Pflegepersonal groß ist und mangelnde Wertschätzung beklagt wird.
Mehr Wertschätzung ist gefragt
Diesbezüglich lässt auch das Statement des kaufmännischen Vorstands der Leipziger Pflegeheime der Diakonie, Sebastian Steeck, das am 7. Januar 2022 in der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG erschienen ist, aufhorchen. Zitat:
„(…)„Aufgrund persönlicher Gespräche rechnen wir mit einer Reihe von Impfnachzüglern, aber wir werden auch Mitarbeitende verlieren“, so Steeck. „Nicht nur bei uns wird es dadurch zu erheblichen Personalengpässen kommen.“ Für „problematisch“ hält es Steeck, dass die Impfpflicht nur für Pflegeheime gelten soll. Die Pflege habe „in der Pandemie unschätzbare Arbeit geleistet.“ Sie nun „unter den Generalverdacht zu stellen, sie seien Treiber der Pandemie, ist nicht die Wertschätzung, die diese Menschen verdienen.“(…)
Diese Aussagen kann wohl fast jeder, der aktuell leitend in der Pflege tätig ist, bestätigen.
Es wäre wünschenswert, wenn die erwähnten Tatsachen in der Politik Berücksichtigung finden. Und zwar in Form von durchdachteren Lösungen. Ein behutsameres und wertschätzenderes Agieren dem Pflegepersonal gegenüber wäre dringend angebracht. Purer Aktionismus schadet am Ende mehr, als dass er nützt!
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 7. Januar 2022
Bildnachweis Needles and syringes in the tray for prevention and treatment from coronavirus infection